In
zügigem Schritt geht Walter, unser Wanderleiter dem
Waldrand entlang. Auf der Höhe der Champs du Crête biegt er abrupt nach rechts
in den beinahe noch blätterlosen Buchenwald. Der schmale Pfad steigt nun etwas
steiler um dann weiter oben in kurzen Serpentinen an Höhe zu gewinnen. Unter
den Schuhen raschelt das dürre Buchenlaub. Die Einladung von Walter zu Kaffee
und Gipfeli im kleinen Bistro beim Bahnhof Moutier haben alle elf Nasen merkbar
aufgemuntert. Fröhlich plaudernd erreichen wir eine über den legendären Gorges
de Moutier liegende Felsenkanzel. Unzählige sagenumwobene Geschichten berichten
von allmächtigen Berggeistern, von boshaften Zwergen und von ebenso lieblichen
wie verführerischen Feen, die in dieser gottverlassenen Gegend heimisch waren
und gar manchem Reisenden fürchterlichen Schrecken einjagten. Auch am heutigen
nebelverhangenen Tag könnten mit etwas Fantasie in verschwommenen grauen
Nebelfetzen und sich darin verlierenden Wäldern Bilder und Silhouetten aus der
so lebhaft erzählten wie umschriebenen einstigen Geisterwelt ausgemacht werden.
Ein Blick in die Tiefe, wo neben der Birs Autos wie kleine „Zündholztruckli“
und die schleichende Eisenbahn wie ein Tatzelwurm sich fortbewegen, bringt
einen in die Gegenwart zurück. Ueber einen blühenden Felsenbirnenstrauch werfen
wir einen letzten Blick in die schroffen Kletterfelsen der Raimeux und zum
„Spezial“ um nach der Durchquerung eines Waldstückes auf das offene Gelände von
Les Maisonette zu gelangen. Ein kurzer Halt für einen Schluck Tee und weiter
geht es über vereinzelt mit Tannen durchsetzte Weiden, durch eine typisch
jurassische Landschaft, die an die Freiberge erinnert. Nach Les Joux wenden wir
uns nach links zum SAC-Clubhaus der Sektion Delémont auf Le Bambois. Da Walter
auch die volle Verantwortung für das Wetter trägt, führt er uns just in dem
Moment ans Trockene als es wie aus Kübeln zu regnen beginnt. Alle klauben
Regenhosen und Jacken aus dem Rucksack; nur Walter nicht. Mit einem
schelmischen Grinsen stellt er einen guten Roten und einen süffigen Weissen auf
den Tisch. Auch die mit dem SAC-Signet verzierten elf Gläser und etwas zum
Knabbern fehlt nicht und so sehen wir uns im Nu unter dem schützenden Vordach
einer Remise zu einem Apéro eingeladen. Nach kurzer Zeit wird
unsere fröhliche Stimmung zur Haupt- und der plätschernde Regen zur Nebensache.
Aber siehe da, wer hätte das gedacht, „s’hett ufghört“! Ganz oben bei der
Raimeux de Grandval auf 1288 m liegt der Nebel etwas dichter. Bis hinunter nach
Raimeux de Crémines ist es ein kleiner Katzensprung. Dort wartet das
Mittagessen mit Suppe, Salat, Bratwurst und Rösti auf uns und das Besondere
daran, draussen regnet es in Strömen. Ueber Raimeux de Corcelles gelangen wir
zur Bahnstation Corcelles, wo wir die Zeit bei einem sauren Most oder einem
Kaffee und mit Schwatzen vertreiben bis der Zug kommt. Wohlverstanden, wie
könnte es anders sein, die ganze Zeit ohne Regen.
Walter,
wir alle danken dir herzlich, denn du warst beinahe wie Baden-Powell ein
vorbildlicher Pfadfinder, auch machtest du dem Weingott Bachus alle Ehre, und
du hattest das Wetter wie der germanische Gewittergott Donar fest im Griff.
Vorbildlich...und all das mit 77 (siebenundsiebzig) Jahren.
H.R.
Odermatt