Tourenbericht
Sommertourenwoche 2 Tessin
Sonntag, 23. Juli 2006 „Grieshorn 2969m,
Rotentalhorn 2968m“
Vom schrillen
Wecker eines eigenen Teilnehmers eine Viertelstunde zu früh geweckt, sind alle
Teilnehmer überpünktlich und voller Tatendrang beim Morgenessen in der Corno –
Grieshütte. Noch vor 7 Uhr verlassen wir die Hütte Richtung Cornopass um aber
beim Cornosee Richtung Cornogletscher und die Lücke zwischen kleinem
und grossen Grieshorn aufzusteigen. Über den Westgrat besteigen wir das
Grieshorn (2969m) und geniessen nun die herrliche Aussicht. Bruno erklärt uns
das Panorama, vom Helsenhorn im Westen über Blinnenhorn zum Finsteraarhorn im
Norden und dem markanten Spitz des Pizzo Rotondo im Nordosten, der
Basodinogruppe mit unseren Tourenzielen Basodino und Marchhorn im Osten und den
ganzen „Italienerbergen“ mit dem Val Formazza im Süden. Wir entscheiden uns vor
Ort noch zur Überschreitung zum Rotentalhorn und sehen erst beim Abstieg zur Maria
Lusia Hütte einige kleine Wolken am Himmel. Kurz, ein perfekter Tag.
Erwähnenswert sind noch die „putzigen“ Hüttenmurmeltiere die wir beim
verdienten Bier und dem Apèro vom Sitzplatz der Hütte aus bei ihrem eifrigen
Treiben beobachten können.
Peter
Montag, 24.Juli 2006 „Marchhorn 2962m“
Morgenessen um
06:00 Uhr; Abmarsch um 06:40 Uhr
Bei schönem Wetter
starteten wir Richtung Bocchetta di Val Maggia. Über Alpwiesen, an Stau- und
Naturbergseen und einer prächtigen Alpenflora vorbei kamen wir stramm voran. Nach
11/4 Std. gab es den ersten Dursthalt.. Bei dieser
Gelegenheit teilte sich die 8-köpfige Gruppe angesichts der geländlichen
Gegebenheiten in eine 5-er und eine 3-er Gruppe auf. Der Schreiberling schloss
sich der Gruppe Richtung Pizzo Fiorina an. Nach Durchstieg eines ziemlich
steilen Geröllcouloirs? war das schlimmste überstanden. Ein halbes Dutzend
Steinwild (Steingeissen mit ihrer Jugend) beobachtete uns und machte sich
sicher Gedanken über die unbeholfene Schar. Kurzerhand entschlossen wir uns nach
bestiegenem Geröllhang, an Stelle des Pizzo Fiorino, das Marchhorn zu
besteigen. Nach einem kurzen Aufstieg erreichten wir den Gipfel auf 2962m um
10:00Uhr. Um 10:45 begannen wir abzusteigen. Über den Ghiaccia del Gavagnöö und
anschliessender Wegsuche auf Moränen, Geröllhalden und steilen Bergwegen
erreichten wir um 14:15 Uhr unser Tagesziel, das Rifugio Basodino Robiei auf
1879m. Wunderbar schmeckte der erste Durstlöscher, ein saurer Most von Ramseier
auf der schönen Sonnenterasse der Hütte.
Chregel
Dienstag, 25.Juli 2006 „Poncione di Braga
2864m“
Mit Zofinger
Pünktlichkeit (5 Min. zu früh) waren wir nach einer Nacht mit wenig Luft im
engen 8er Zimmer beim Frühstück. Mit südländischer Pünktlichkeit wurde dann der
Kaffee nach einer Viertelstunde aufgetischt. Gutgelaunt und mit leichtem
Gepäck, ohne Rasierapparat, Steigeisen und Ersatzwäsche brachen wir um halb
sieben auf zum Panciane di Braga. Nach kaum fünfzig Metern gabs den ersten
Fotohalt und Peter konnte seine sehnsüchtig gesuchten Edelweiss ablichten. Später
bot sich der Basodino samt Gletscher als Spiegelung in einem Bergseelein als
Fotosujet dar. Der erste Marschhalt nach einer Stunde (nicht nach zwei Stunden,
wie Bruno zuerst meinte) erlaubte uns die im steilen Anstieg ausgeschwitzte
Flüssigkeit zu ersetzen. Weiter gings, über Blocksteine und kleine Felsbänder
zu einem Sattel, wo wir die Stöcke zurückliessen, um über den breiten Grat den
Gipfel zu erklimmen. Die Sicht war dann allerdings durch den aufsteigenden
Nebel vor allem im Süden begrenzt. Im Westen fiel der Blick auf den Basodino,
Ziel des nächsten Tages und im Norden zeigten sich verschiedene reizvolle Berg-
und Stauseen. Der Abstieg erfolgte bis zum Stockdepot über die gleiche Route.
Dann wählten wir den etwas längeren aber weniger steilen Weg zum Lago Nero. Der
Versuchung im kristallklaren, eiskalten Wasser zu
baden, konnten nicht alle widerstehen. Nach ausgiebiger Rast stiegen wir zum
Lago Bianco und zur Hütte ab, wo uns ein kühles Bier erwartete. Peter
offerierte uns ein z’Vieri-Plättli und eine zweite Runde. Herzlichen Dank! Der
einsetzende Gewitterregen vertrieb uns auf die Matratzen, wo wir den Rest des
Nachmittags verschliefen.
Heinz
Mittwoch, 26.Juli.2006 „Basodino 3272m“
Ein langer Weg,
wenn man beim alten Wächter ganz hinten im Maggiatal, dem Basodino einen Besuch
abstatten will. Daher ist bereits um halb sechs Uhr Abmarsch. Bergführer Bruno
wählt den Anmarschweg über Randinascia. Hier wandern wir an glattgeschliffenen,
mit riesigen Quarzadern durchsetzten Granitsteinen vorbei. Dazwischen winken
taunasse Gräser mit bunten Alpenblumen. Den ersten Halt machen wir auf einer
zwischen riesigen Felsbrocken und Geröll liegender kleinen Hochebene. Nicht
grösser als ein Fussballfeld, durchzogen von einem still sich dahinschlängelden
Bächlein. Hochmoorartig, mit saftigem Gras durchwachsen und mit neckisch
winkenden Wollgrasblümchen. Weiter oben, nach der Erklimmung eines riesigen
Felsbollwerkes, geht es an der letzten hochalpinen Blumenpracht vorbei auf vom
Gletscher glatt polierten Felsflächen. Hier zeigt sich bereits das Schicksal
des Gletschers. In kleinen Rinnsalen aber auch in rauschenden Sturzbächen ist
er im Begriffe sein Leben schwindsuchtähnlich auszuhauchen. „Kalben“ tut er
schon lange nicht mehr, denn die schneearmen Winter „befruchten“ in zu wenig.
Angelangt auf dem Gletscher zeigt sich das entsetzliche Sterben in einer
anderen Form. Umweltbedingte Einflüsse wie saurer Regen fressen sich in seinen
Leib und sind als schleimige Masse an der Oberfläche. Später steigen über den
Grat in leichter Kletterei zum Gipfel. Der Abstieg hinunter zum Lago del Zött
ist infolge seiner Steilheit und dem schlechten Weg nicht empfehlendswert.
Abenteuerlich gestaltet sich die Überschreitung über einen Zufluss zum Stausee.
Hier holte sich wohl jeder einige Wassertropfen im Schuhwerk oder eine nasse
Hose. Noch vor dem grossen Gewitterregen erreichen wir wohlbehalten die Hütte.
Zeiten für
diejenigen die es interessiert: 5 Std. zum Gipfel, 4 Std. Abstieg inkl. Pausen.
Hans Ruedi
Nach der gestrigen anstrengenden Königsetappe auf den Basadino war heute ein „Schoggitag“ mit einem Wechsel zur Soveltra-Hütte angesagt. Diese Ankündigung sollte sich einmal mehr als nicht ganz zutreffend erweisen; das Gegenteil war eher der Fall. Pünktlich erreichten wir in der Frühe des Morgens die Seilbahnstation, lösten die Fahrkarten, bestiegen die Kabine und begrüssten als neue Reisegefährtin unsere Altbundesrätin Ruth Dreyfuss. Huldvoll erwiderte sie unseren Gruss und zeigte sich sichtlich erfreut, dass wir sie trotz ihrer sportlichen Verkleidung unter dem Sonnenhut sofort erkannten. – Die nächste Ueberraschung folgte nach der Talfahrt mit der Seilbahn in San Carlo. Das Postauto für die Weiterfahrt durch das Bavonatal nach Bignasco stand bereit. Da wir aber keine Reservation gemacht hatten eröffnete uns der Chauffeur, dass für uns kein Platz zur Verfügung stehe. Unsere Irene Ringier wies ihn mit ihrem Charme und überzeugenden Argumenten auf Italienisch zurecht, so dass er uns schlussendlich doch den Bus besteigen liess. In Bignasco gab es einen Kaffeehalt und einen kurzen Bummel durch das schmucke Dorf. Weiter gings mit dem Bus durchs Maggiatal nach Prato-Sornico. Diese Fahrt wurde durch ein rekordverdächtiges Kleinkind „bereichert“, das praktisch auf der ganzen Strecke aus Leibeskräften schrie. Unser Peter Jakob hatte das zweifelhafte Vergnügen neben der Mutter und diesem Kind zu reisen. Nach dem Verlassen des Busses in Prato-Sornico wies er einige Anzeichen eines Tinitus auf, die sich aber glücklicherweise nach etwa zwei Stunden verflüchtigten. Unser Heinz Schaub war als pensionierter Musiklehrer von der Ausdauer und der Stimmgewalt dieses kleinen Schreihalses sehr beeindruckt. Er erklärte uns die wissenschaftlichen Hintergründe zu diesem lärmtechnischen Phänomen, auf die ich hier wegen der komplexen Zusammenhänge und aus Platzgründen nicht eingehen kann.
Nach einem Imbiss in Prato-Sornico nahmen wir um die Mittagszeit bei grösster Hitze die rund 800 Höhenmeter unter unsere Bergschuhe hinauf zur Soveltra-Hütte auf 1'534 Meter. Der Weg führte durch lichten Wald und eine wildromantische Schlucht, mit etwas Schatten und manchmal sogar etwas kühlender Luft. Trotzdem war der Aufstieg sehr schweisstreibend und bald waren unsere Wasservorräte verbraucht. Nach etwa 2 ½ Stunden wurde die Soveltra-Hütte erreicht. Diese erwies sich als richtiges Bijou, das von sehr lieben und aufgestellten Leuten abwechslungsweise in Fronarbeit bewartet wird. Das Nachtessen mit Polenta, Osso buco, Nostrano, Heubeeri-Dessert u.a.m. war absolute Spitze und kulinarisch eindeutig der Höhepunkt der ganzen Woche. – Wegen der happigen Tour, die uns am nächsten Tag bevorstand, wurde zeitig unser Schlafgemach aufgesucht.
Bereits um 04.45 Uhr war Tagwache und nach dem Genuss des reichhaltigen Zmorgenbuffets verliessen wir um 05.30 Uhr die gastliche Soveltra-Hütte. Der Aufstieg zum Campo Tencia mit seinen mehr als 1'500 Höhenmetern war mit den schweren Rucksäcken sehr anstrengend. Die Wege – wenn überhaupt vorhanden – waren sehr steil angelegt und meistens schlecht unterhalten. Das Gewitter in der vergangenen Nacht brachte zwar etwas Kühlung, dafür waren die Felsen bzw. die Böden recht glitschig. Nach gut 5 Stunden wurde der Gipfel des Campo Tencia auf 3'035 m erreicht. Dieser ist übrigens der höchste Berg des Tessins, der sich ganz auf dem Kantonsgebiet befindet. Die Sicht auf die umliegenden Berge war nicht optimal. Wolken türmten sich auf und ein längeres Verweilen auf diesem Gipfel war nicht angezeigt. Der Abstieg über den an galoppierender Schwindsucht leidenden Gletscher wurde recht zügig hinter uns gebracht. Es folgte ein etwas heikler Felsabbruch, wo unser Bergführer Bruno Schläppi ein Seil installierte, das uns einen gefahrlosen Abstieg ermöglichte. Nach ungefähr 2 Stunden wurde die Campo Tencia-Hütte, die auf 2'140 m liegt, erreicht. Die Wolken verdichteten sich weiter und kurz nach unserer Ankunft entluden sich wiederholt heftige Gewitter. In der sicheren Hütte erlabten wir uns an einem reichhaltigen Imbiss mit Tessiner Spezialitäten und brachten den Wasserhaushalt in unseren ausgetrockneten Körpern wieder in Ordnung. Der restliche Tag wurde für die Körperpflege, Faulenzen und wiederum einem guten Nachtessen verwendet.
Der Abstieg von der auf 2'140 m gelegenen SAC-Hütte „Campo Tencia“ hinunter zum Dorf Dalpe auf 1'192 m wurde im Stalldrangtempo zurückgelegt. Unser Bergführer Bruno Schläppi musste im späteren Nachmittag in der Mittellegihütte zu einer Tour mit einem Gast auf den Eiger antreten. Deshalb die Eile. Bereits um 08.30 Uhr waren wir in Dalpe wo uns der Bus pünktlich nach Airolo brachte und um die Mittagszeit waren wir schon wieder in Zofingen.
Wir haben eine schöne Woche in den Tessiner Bergen verbracht, die für die meisten von uns bisher völlig unbekannt waren. Die Touren waren vom sportlichen Standpunkt aus anspruchsvoll und waren glücklicherweise immer von gutem Wetter begünstigt. Fast täglich gab es heftige Gewitter, die aber immer erst nach unserer Rückkehr in die Hütten ausbrachen. Die Unterkünfte waren naturgemäss unterschiedlich; überall waren wir aber gut untergebracht und die Verpflegung immer bestens. Sehr positiv war auch, dass alle Touren unfallfrei durchgeführt werden konnten. Unser Tourenleiter Christian Stammbach hat mit seinen grossen alpinen Erfahrungen ein Programm zusammengestellt, das gut auf die Teilnehmer abgestimmt war. Für die perfekte Organisation möchte ich ihm im Namen der Gruppe ein grosses Dankeschön sagen. Viel zum guten Erfolg dieser unvergesslichen Woche hat natürlich auch unser Bergführer Bruno Schläppi beigetragen. Er hat uns sicher auf die Gipfel und wieder hinunter gebracht. Stets hat er ein angenehmes Tempo eingeschlagen und rücksichtsvoll das etwas höhere Durchschnittsalter der Gruppe im Auge behalten. Auch ihm gebührt für seinen Einsatz ein grosses Dankeschön.
Wilfried